Wenn Du einen Angehörigen zu Hause pflegst, ist der Pflegegrad ein wichtiger Schlüssel für finanzielle und praktische Unterstützung. Die Einstufung erfolgt durch eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst (MD), der den individuellen Unterstützungsbedarf ermittelt. Hier erfährst Du, wie die MD-Begutachtung abläuft, was sie bewertet und wie Du Dich optimal vorbereiten kannst – damit Du und Dein Angehöriger bestmöglich unterstützt werdet.
Was ist der Pflegegrad und warum ist die MD-Begutachtung wichtig?
Der Pflegegrad bestimmt, welche Leistungen der Pflegekasse Deinem Angehörigen zustehen. Seit 2017 gibt es fünf Pflegegrade, die den individuellen Pflegebedarf abbilden – von leichter Unterstützung bis zur umfassenden Pflege.
Die Einstufung erfolgt durch den Medizinischen Dienst (MD), der anhand eines festgelegten Begutachtungsinstruments den Grad der Selbstständigkeit und den Hilfebedarf beurteilt. Diese Begutachtung ist die Grundlage für alle Leistungen aus der Pflegeversicherung.
- Pflegegrad beschreibt den Umfang der Pflegebedürftigkeit
- MD-Begutachtung ist verpflichtend für die Einstufung
- Pflegekasse entscheidet auf Basis des MD-Gutachtens
- Pflegegrade reichen von 1 (geringe Beeinträchtigung) bis 5 (schwerste Beeinträchtigung)
Wie läuft die MD-Begutachtung ab?
Der MD meldet sich bei Dir zu Hause an und führt ein persönliches Gespräch mit dem Pflegebedürftigen und idealerweise auch mit Dir als pflegendem Angehörigen. Dabei wird die aktuelle Situation genau erfasst.
Die Begutachtung dauert meist 45 bis 90 Minuten und umfasst Fragen zu verschiedenen Lebensbereichen. Der MD-Mitarbeiter beobachtet auch die praktische Pflege und den Alltag, um den tatsächlichen Hilfebedarf besser einzuschätzen.
- Terminvereinbarung durch die Pflegekasse nach Antragstellung
- Begutachtung in der häuslichen Umgebung
- Gespräch mit Pflegebedürftigem und Angehörigen
- Beobachtung von Alltagshandlungen und Pflegebedarf
Was bewertet der Medizinische Dienst genau?
Der MD nutzt das sogenannte Neues Begutachtungsassessment (NBA), das sechs Lebensbereiche berücksichtigt. Diese Bereiche geben Auskunft darüber, wie selbstständig der Pflegebedürftige im Alltag ist.
Die sechs Module sind:
- Mobilität (z. B. Aufstehen, Gehen)
- Kognitive und kommunikative Fähigkeiten (z. B. Orientierung, Verständigung)
- Verhaltensweisen und psychische Problemlagen (z. B. Unruhe, Aggressionen)
- Selbstversorgung (z. B. Essen, Anziehen)
- Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen
- Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte
Lebensbereich | Was wird geprüft? |
---|---|
Mobilität | Beweglichkeit, Transferfähigkeit |
Kognitive Fähigkeiten | Verständnis und Kommunikation |
Selbstversorgung | Waschen, Anziehen, Essen |
Psychische Verfassung | Verhalten, psychische Auffälligkeiten |
Alltagsbewältigung | Medikamentenmanagement, Haushalt |
Wie kannst Du Dich auf die MD-Begutachtung vorbereiten?
Eine gute Vorbereitung hilft, den tatsächlichen Pflegebedarf realistisch darzustellen. Sammle vorab alle wichtigen Informationen und dokumentiere den Alltag mit Deinem Angehörigen.
Wichtig ist, beim Gespräch ehrlich und offen zu sein – auch kleine Hilfebedarfe zählen. Es kann sinnvoll sein, eine Pflegedokumentation oder kurze Notizen zu den täglichen Aufgaben und Schwierigkeiten bereitzuhalten.
- Alle relevanten Unterlagen bereitstellen (Ärztliche Berichte, Pflegedokumentation)
- Notizen zu den täglichen Pflegeaufgaben und Herausforderungen machen
- Offen über Probleme und Unterstützungsbedarf sprechen
- Pflegekraft oder weitere Angehörige zum Termin mitnehmen, wenn möglich
- Ruhig bleiben und den Alltag realistisch schildern
Was passiert nach der Begutachtung?
Der MD erstellt ein Gutachten, das an die Pflegekasse weitergeleitet wird. Die Pflegekasse entscheidet dann über den Pflegegrad und informiert Dich schriftlich.
Du kannst das Ergebnis überprüfen und bei Unstimmigkeiten innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen. Falls sich der Pflegebedarf ändert, sind auch Folgebegutachtungen möglich.
- Gutachten wird an Pflegekasse übermittelt
- Pflegekasse entscheidet über Pflegegrad
- Bescheid wird schriftlich zugestellt
- Widerspruch kann innerhalb eines Monats eingelegt werden
- Folgebegutachtungen sind bei Veränderungen möglich
Tipps für den Pflegealltag nach der Einstufung
Mit dem Pflegegrad kannst Du verschiedene Unterstützungsleistungen beantragen, z. B. Pflegegeld, Pflegesachleistungen oder Entlastungsangebote. Nutze diese Hilfen, um die Pflege zu Hause zu erleichtern.
Informiere Dich regelmäßig bei Deiner Pflegekasse und Beratungsstellen, denn der Pflegealltag verändert sich und neue Leistungen können hinzukommen.
- Pflegegeld oder Pflegesachleistungen beantragen
- Entlastungsleistungen (z. B. Tagespflege) nutzen
- Beratungsangebote der Pflegekasse wahrnehmen
- Pflegehilfsmittel beantragen (z. B. Pflegebett)
- Veränderungen im Pflegebedarf melden und Nachbegutachtung beantragen
Fragen & Antworten
- Frage: Wer organisiert die MD-Begutachtung?
Antwort: Die Pflegekasse veranlasst die Begutachtung, nachdem Du einen Pflegegrad beantragt hast. Der MD meldet sich dann für einen Termin bei Dir.
- Frage: Kann ich bei der Begutachtung dabei sein?
Antwort: Ja, Angehörige können beim Termin anwesend sein und unterstützen. Das hilft, den Pflegealltag besser zu erklären.
- Frage: Was passiert, wenn ich mit dem Pflegegrad nicht einverstanden bin?
Antwort: Du kannst innerhalb eines Monats Widerspruch bei der Pflegekasse einlegen und eine erneute Begutachtung beantragen.
- Frage: Wie oft wird der Pflegegrad überprüft?
Antwort: Regelmäßige Nachprüfungen finden meist alle ein bis zwei Jahre statt, oder bei deutlichen Veränderungen im Pflegebedarf.
- Frage: Was ist, wenn sich der Zustand meines Angehörigen verschlechtert?
Antwort: Du kannst jederzeit eine Neubegutachtung beantragen, um den Pflegegrad an den neuen Bedarf anzupassen.
Der Pflegegrad ist eine wichtige Unterstützung für Dich und Deinen Angehörigen. Mit der richtigen Vorbereitung auf die MD-Begutachtung kannst Du sicherstellen, dass der Pflegebedarf realistisch erfasst wird und ihr die passende Hilfe bekommt.
Bundesministerium für Gesundheit – Pflegegrade und Begutachtung,
Medizinischer Dienst – Begutachtung,
GKV-Spitzenverband – Pflegeversicherung,
Gesetze im Internet – SGB XI,
Verbraucherzentrale – Pflegegrad beantragen,
Deutsche Rentenversicherung – Pflegezeiten

Mechthild Brunner, 68, examinierte Altenpflegerin i. R. – Jahrzehnte ambulant & stationär unterwegs, Demenz-WGs und Palliativbegleitung aus der Praxis. Hier teile ich alltagstaugliches Wissen für Pflege zu Hause: klar, menschlich, machbar.