Wenn ein Angehöriger plötzlich pflegebedürftig wird, ist das oft ein Schock – und viele Fragen tauchen auf. Welche Ursachen gibt es für die Pflegebedürftigkeit? Wie läuft ein Test ab, um den Pflegegrad zu bestimmen? Und welche Behandlungen sowie Alltagstipps helfen dir als pflegendem Angehörigen, den neuen Alltag besser zu bewältigen? Dieser Artikel gibt dir praxisnahe Orientierung und zeigt dir konkrete Schritte auf – ganz auf die häusliche Pflege in Deutschland zugeschnitten (Stand: 2025).
Ursachen für Pflegebedürftigkeit erkennen
Pflegebedürftigkeit entsteht durch verschiedene Ursachen, die oft mit dem Alter, Krankheiten oder Unfällen zusammenhängen. Die häufigsten Gründe sind chronische Erkrankungen, Schlaganfälle, Demenz oder Stürze. Wichtig ist: Pflegebedürftigkeit heißt nicht automatisch, dass jemand rund um die Uhr Hilfe braucht, sondern dass Unterstützung im Alltag notwendig ist.
Als Angehöriger solltest du auf typische Anzeichen achten, die auf eine Pflegebedürftigkeit hinweisen können:
- Probleme bei der Körperpflege (z. B. Waschen, Anziehen)
- Schwierigkeiten beim Essen und Trinken
- Mobilitätseinschränkungen, etwa beim Aufstehen oder Gehen
- Verwirrtheit oder Gedächtnisprobleme
- Häufung von Krankheiten oder Stürzen
Je früher du diese Anzeichen erkennst, desto schneller kannst du geeignete Hilfe organisieren und Pflegeleistungen beantragen.
Wie läuft der Pflegegrad-Test ab?
Der Pflegegrad bestimmt, wie viel Unterstützung die Pflegekasse zahlt. Um den Pflegegrad zu ermitteln, musst du einen Antrag bei der Pflegekasse stellen. Danach besucht der Medizinische Dienst (MD) die pflegebedürftige Person zu Hause oder in der Einrichtung und bewertet die Selbstständigkeit anhand von sechs Lebensbereichen.
- Körperpflege
- Ernährung
- Mobilität
- Umgang mit krankheitsbedingten Anforderungen
- Gestaltung des Alltags und soziale Kontakte
- Verhalten und psychische Problemlagen
Der MD bewertet jeden Bereich und vergibt Punkte, die in einen Pflegegrad von 1 bis 5 übersetzt werden. Je höher der Grad, desto umfangreicher sind die Leistungen.
Kriterium | Pflegegrad 2 | Pflegegrad 4 |
---|---|---|
Selbstständigkeit | erheblich eingeschränkt | schwerst eingeschränkt |
Leistungsumfang | Pflegesachleistung bis ca. 724 Euro/Monat | Pflegesachleistung bis ca. 1.774 Euro/Monat |
Pflegegeld | 316 Euro/Monat | 1.091 Euro/Monat |
Behandlung und Unterstützung organisieren
Die Pflegekasse unterstützt dich mit verschiedenen Leistungen, die du je nach Pflegegrad in Anspruch nehmen kannst. Dazu zählen das Pflegegeld für die private Pflege, die Pflegesachleistungen für professionelle Pflegekräfte und die Kombinationsleistung. Außerdem gibt es Zuschüsse für Pflegehilfsmittel und wohnumfeldverbessernde Maßnahmen.
So kannst du die Behandlung und Pflege bestmöglich organisieren:
- Pflegegeld bei der Pflegekasse beantragen – formlos mit Datum des Leistungsbeginns
- Pflegesachleistungen für ambulante Pflegedienste nutzen
- Beratungseinsätze der Pflegekasse wahrnehmen
- Zusätzliche Unterstützungsangebote wie Tagespflege oder Kurzzeitpflege prüfen
- Wohnumfeld an die Bedürfnisse anpassen lassen (z. B. Haltegriffe, Rampen)
Regelmäßige Absprachen mit Ärzten und Therapeuten helfen, die Behandlung auf die Bedürfnisse abzustimmen.
Alltagstipps für Angehörige, die zu Hause pflegen
Die Pflege zu Hause ist eine Herausforderung, die viel Kraft und Organisation erfordert. Um den Alltag zu erleichtern, helfen dir diese Tipps:
- Plane feste Zeiten für Pflege und Pausen ein – auch für dich!
- Nutze Hilfsmittel wie Pflegebetten, Rollstühle oder Toilettenstühle
- Hol dir Unterstützung durch ambulante Pflegedienste oder Nachbarschaftshilfe
- Informiere dich über Entlastungsleistungen und Pflegekurse
- Sprich offen mit deinem Angehörigen über Wünsche und Grenzen
- Achte auf deine eigene Gesundheit und gönn dir Auszeiten
Wichtige Leistungen und Unterstützung durch die Pflegekasse
Die Pflegekasse ist dein zentraler Ansprechpartner für finanzielle Unterstützung und Beratung. Sie bietet verschiedene Leistungen an, die du je nach Situation in Anspruch nehmen kannst. Dazu gehören:
- Pflegegeld: Geldleistung für private Pflege durch Angehörige
- Pflegesachleistung: Kostenübernahme für professionelle Pflegekräfte
- Kombinationsleistung: Mischung aus Pflegegeld und Pflegesachleistung
- Entlastungsbetrag: Für Angebote wie Tagespflege oder Haushaltshilfe
- Wohnumfeldverbesserung: Zuschüsse für Umbauten, z. B. barrierefrei
Die Höhe der Leistungen hängt vom Pflegegrad ab und kann je nach Bundesland leicht variieren (Stand: 2025).
Wann und wie du Unterstützung beantragst
Der erste Schritt ist die formlose Mitteilung an die Pflegekasse, dass Pflegeleistungen gewünscht sind. Das Datum dieses Antrags ist entscheidend für den Leistungsbeginn. Danach folgt die Begutachtung durch den Medizinischen Dienst.
- Schicke einen formlosen Antrag an die Pflegekasse
- Bereite dich auf den Besuch des MD vor (Dokumente, Pflegebedarf schildern)
- Nutze Beratungsgespräche der Pflegekasse zur Orientierung
- Beantrage bei Bedarf weitere Leistungen wie Kurzzeitpflege oder Verhinderungspflege
- Halte alle Unterlagen und Bescheide sorgfältig fest
Fragen & Antworten
- Frage: Wie erkenne ich, ob mein Angehöriger einen Pflegegrad benötigt?
Antwort: Achte auf Einschränkungen bei der Körperpflege, Mobilität und Alltagsbewältigung. Ein erster Schritt ist die Kontaktaufnahme mit der Pflegekasse, die den weiteren Prozess einleitet.
- Frage: Wie schnell bekomme ich nach Antragstellung Leistungen?
Antwort: Nach Antrag und Begutachtung durch den MD erhältst du in der Regel innerhalb weniger Wochen eine Entscheidung. Das Leistungsdatum ist der Antragstag.
- Frage: Kann ich Pflegegeld und Pflegesachleistungen gleichzeitig nutzen?
Antwort: Ja, über die Kombinationsleistung kannst du beides anteilig erhalten, wenn du teilweise selbst pflegst und teilweise professionelle Hilfe nutzt.
- Frage: Wer übernimmt die Kosten für Hilfsmittel im Alltag?
Antwort: Pflegekassen übernehmen Zuschüsse für Pflegehilfsmittel bis zu einem bestimmten Betrag, wenn diese den Pflegealltag erleichtern.
- Frage: Gibt es Beratung für pflegende Angehörige?
Antwort: Ja, die Pflegekasse bietet regelmäßige Beratungseinsätze an, um dich zu unterstützen und Fragen zu klären.
Die Pflege zu Hause ist eine große Aufgabe, aber mit den richtigen Informationen und Unterstützung kannst du den Alltag gut meistern und deinem Angehörigen Sicherheit und Würde schenken.
Bundesministerium für Gesundheit – Pflegeleistungen,
GKV-Spitzenverband – Pflegekasse und Leistungen,
Medizinischer Dienst – Begutachtung Pflegegrad,
Gesetzesportal – Sozialgesetzbuch XI,
Verbraucherzentrale – Pflegeberatung

Mechthild Brunner, 68, examinierte Altenpflegerin i. R. – Jahrzehnte ambulant & stationär unterwegs, Demenz-WGs und Palliativbegleitung aus der Praxis. Hier teile ich alltagstaugliches Wissen für Pflege zu Hause: klar, menschlich, machbar.